Rauschende Wasserfälle stürzen aus den umliegenden Bergen in die Tiefe. Das schäumende Wasser geht in reißende Bäche und Flüsse über, die sich seit Urzeiten ihren Weg durch zerklüftete Felsen bahnen. Diese wiederum sind durchzogen von Adern in allen möglichen Farben und Formen. An ruhigeren Passagen bilden sich kleine Teiche, gefüllt mit Gletscherwasser in verschiedenen Farbtönen von Türkis-Blau bis Türkis-Grün.
Die teils abgelegenen und einsamen Dörfer mit ihren Steinhäusern zeugen vom harten Leben ihrer Bewohner und bilden jetzt, im Oktober, einen reizvollen Kontrast zu den umliegenden, bereits schneebedeckten Bergen und den Farben des Herbstes.
Die Städte Locarno und Ascona am Ufer des Lago Maggiore runden dieses Bild mit einer Mischung aus italienischem Dolcefarniente und Schweizer Ordnung ab.
Das Tessin bietet also für jedes Genre der Fotografie eine Unzahl von Motiven und ist ein Dorado für Fotografen. Mit entsprechend hohen Erwartungen treffen sich deshalb die sechs Reiseteilnehmer mit dem Referenten und beginnen die Reise mit einem leckeren Abendessen und gegenseitigem Kennenlernen.
Der erste Tag beginnt mit einer Mischung aus Sonne und Wolken. Angesichts der recht unsicheren Wettervorschau für die nächsten Tage beschließen wir, die theoretische Einführung kurz zu halten und so schnell wie möglich „on Location“ zu gehen: Die alte Steinbrücke und die gegenüberliegende Kirche von Lavertezzo sind vermutlich die meistfotografierten Motive des Tessin. Es sei deshalb an die Worte Karl Valentins erinnert: „Es ist schon alles fotografiert worden, nur noch nicht von jedem“. Es gilt also, eine eigene Wahrnehmung zu entwickeln, z. B. durch die Wahl einer ungewöhnlichen Perspektive. Dieses Bestreben gelang vor allem Kurt, der durch besonderen körperlichen Einsatz und einem geschärften Blick auf der gesamten Reise seine mangelnden Computerkenntnisse trefflich zu kompensieren wusste.
Im Laufe der Woche waren wir noch zweimal in Lavertezzo und hatten Gelegenheit, diese tolle Szene in verschiedenen Lichtsituationen zu fotografieren.
Am Nachmittag unternehmen wir vom malerischen Dorf Sonongno am Ende des Tales eine kurze Wanderung zum Wasserfall „Frodo“ Endlich kommen Graufilter und Stativ zum Einsatz und ermöglichen reizvolle Langzeitbelichtungen.
Wie vorhergesagt beginnt der zweite Tag mit schweren Regenfällen, die den ganzen Tag anhalten. Glücklicherweise haben wir am Vortag genug fotografischen „Stoff“ gesammelt, um unsere Bilder zu selektieren und zu bearbeiten. Die Zeit wird genutzt, die „Neulinge“ mit dem Lightroom vertraut zu machen. Anfängliche Skepsis wechselt in Begeisterung über die Möglichkeiten der zweiten kreativen Ebene nach der Fotografie. Die folgende erste Bildbesprechung zeigt erneut, wie wichtig es für die eigene Weiterentwicklung ist, wenn man über die Bilder der Anderen diskutiert und sich austauscht.
Mittwoch folgt „wettertechnisch“ dann der Höhepunkt der Reise: ruhiges, sonniges Herbstwetter mit stahlblauem Himmel! Die herbstlichen Farben des Maggia-Tales leuchten in allen Tönen. Nach mehreren Fotostopps erreichen wir Mogno mit dem spektakulären Neubau der Kirche San Giovanni Battista, entworfen vom Tessiner Stararchitekten Mario Botta. Das alte Gotteshaus wurde 1985 von einer Lawine hinweg gefegt. Fotografisch eine schöne Abwechslung zu Felsen, Graufilter und Stativ.
Die anschließende Mittagspause ist unerwartet ein weiterer Höhepunkt der Reise. In einem wunderschönen Terrassenlokal genießen wir die warme Herbstsonne bei Tessiner Spezialitäten. Aber selbst hier können einige fotoverrückte Teilnehmer nicht die Finger vom Auslöseknopf lassen.
Foto:Toni Limacher
Foto:Toni Limacher
Nach einigen weiteren Fotostopps auf der Rückfahrt lassen wir diesen wunderschönen Tag zur blauen Stunde in Locarno ausklingen. Die aufkommenden, dramatischen Wolkenberge über dem Lago Maggiore sind aus fotografischer Sicht perfekt, lassen allerdings nichts Gutes für den nächsten Tag erwarten.
Und so ist es denn auch, Zeit also wieder für die Aufbereitung der Ausbeute von gestern. Eine kurze Regenpause gibt uns Gelegenheit, das weitgehend verlassene Dorf Corippo, ganz in der Nähe unseres Hotels, zu besuchen. Die grauen Steinhäuser und der verhangene Himmel ergänzen sich perfekt, es braucht also nicht immer Sonne, um perfekte Fotos zu machen.
Nun ist es schon Freitag, aber es zeigt sich keinerlei Ermüdungserscheinung in der Gruppe. Wir besuchen das Centovalli und das Valle Onsernone, beide sehr reizvoll, aber nicht wirklich mit fotografischen Highlights. Die erleben wir dann aber am späten Nachmittag bei der Schlucht Ponte di Brolla. Die tief stehende Sonne lässt die Felsen leuchten, während die Schattenbereiche sich in zarten Blautönen zeigen. Welch ein Tagesabschluss!
Der folgende Samstag ist der letzte Tag dieser wunderschönen Reise. Ascona bietet Gelegenheit, sich ein wenig in Streetfotografie zu üben, ein Eis zu schlecken oder Maroni, geröstete Kastanien, zu probieren, und der leichte Nebel über dem Lago ermöglicht zusammen mit den Platanen an der Seepromenade reizvolle Gegenlichtaufnahmen.
Last but not least sei die unglaubliche Disziplin der Reisegruppe erwähnt. Selten ist der Eine dem Anderen ins Bild gelaufen, nein, es wurde sich brav angestellt und gewartet, bis man an der Reihe war. Chapeau!
Wer jetzt besorgt fragt: "Wo ist Kurt???" dem sei geantwortet: " och, der liegt bestimmt wieder auf irgendeinem Felsen".
Wer jetzt besorgt fragt: "Wo ist Kurt???" dem sei geantwortet: " och, der liegt bestimmt wieder auf irgendeinem Felsen".
Und hier, zum Abschluss, das Objekt der Begierde:
Der Ausgang des Streits, ob der Nikon-, Canon-, oder Olympusstern der perfekteste ist, wird nicht verraten…
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